Faktencheck TVO
Es ist ruhig geworden um die TVO. Sehr ruhig sogar. Und der Schuldige wurde zumindest für die Verantwortlichen längst gefunden. Nein R2G hat nicht etwa politisch die Verantwortung übernommen und eingestanden, dass der Ausbau einer Multi-Millionen-Schnellstraße als Verkehrsachse in zwischen Marzahn und Köpenick nicht zielstrebig genug vorangetrieben wird. Sie zeigen mit dem Finger auf die Deutsche Bahn (DB). Eben jenes Unternehmen, das mit ihnen gemeinsam die Planung der künftigen TVO übernehmen sollte. Obwohl noch der letzte Senat aus SPD und CDU die Finanzierung des Planfeststellungsverfahrens abgesichert hatte, verschleppte Rot-Rot-Grün den Ausbau durch eine Radschnellverbindung, obwohl beidseitig der Trasse bereits gesicherte Radwege vorgesehen waren.
Im gemeinsamen Schulterschluss fordern die örtlichen R2G-Abgeordneten aus Land und Bund, dass die Deutsche Bahn ihre Zusagen einhalten soll. Sogar der Pressesprecher der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) tat überrascht, dass die DB plötzlich keine Kapazitäten mehr für den Bau der TVO frei hat. Leicht verständlicher Fall, klar definierter Schuldiger, alles in allem eine runde Sache. Oder? Höchste Zeit für einen Faktencheck:
Frage 1: ist die Deutsche Bahn verantwortlich für die Verzögerung der TVO?
Antwort: NEIN
Die Planungshoheit zur TVO hat ausschließlich der Berliner Senat. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) ist der alleinige Vorhabenträger des Planfeststellungsverfahrens und damit verantwortlich für die Erstellung der Planunterlagen und die Vorbereitung sowie Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens.
Frage 2: Könnte das Planfeststellungsverfahren dennoch eingeleitet werden?
Antwort: JA
Das Planfeststellungsverfahren kann eingeleitet und vorangetrieben werden. Die DB hat zugesichert, die Planungen des Senats weiter zu unterstützen. Die Leistungen, die durch die DB selbst geplant werden sollten, müssten lediglich in Abstimmung extern vergeben werden.
Frage 3: Sind die zitierten Aussagen der DB falsch?
Antwort: NEIN
Sie wurden nur in einem falschen Kontext wiedergegeben. Die fehlenden Planungskapazitäten der DB beziehen sich erstens darauf, dass sie lediglich nicht in der Lage sind, die Planungen hausintern selbst zu realisieren, und zweitens auf die konkrete Objektplanung der geplanten 4 Brückenbauwerke. Diese Fragen sind allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt relevant.
Frage 4: Ist es wahr, dass Rot-Rot-Grün seit Amtsantritt der Verfahren der TVO verzögert und ihm nicht die notwendige Priorität eingeräumt?
Antwort: JA
Es ist schon fast absurd, dass SenUVK schon im letzten Jahr(!) mit der Deutschen Bahn über die Prio-Liste des großen länderübergreifenden Infrastrukturprojektes i2030 verständigte, OHNE dabei die ebenfalls in Planung befindliche TVO verbindlich zu priorisieren. Diese kürzlich herausgegebene Parlamentsvorlage entlarvt dies sehr deutlich (markierter Bereich).
Fazit: Wir sehen also, bei entsprechender Befassung mit dem Thema ist die Schuldfrage eindeutig geklärt. Aber es zeugt von sehr schlechter Fehlerkultur, für das eigene Versagen der Deutschen Bahn den Schwarzen Peter zuschieben zu wollen.
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