Die Neupatientenregelung muss wiederkommen.
Im Rahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes hat die Ampel-Regierung auf Vorschlag von Gesundheitsminister Lauterbach die so genannte Neupatientenregelung, ein Anreizsystem für Arztpraxen zur Aufnahme neuer Patienten, abgeschafft. Die gravierenden Folgen für die Praxen sowie für Patientinnen und Patienten in Berlin werden in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage nun deutlich.
Die Neupatientenregelung wurde 2019 unter CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn eingeführt und hatte zum Ziel, die Arztpraxen durch finanzielle Anreize in die Lage zu versetzen, mehr neue Patienten aufzunehmen. Und das System war erfolgreich.
Allein in Berlin – so zeigt eine Antwort auf eine schriftliche Anfrage meiner Kollegin Katharina Günther-Wünsch an den Senat – konnten seit 2019 viele Neupatienten zusätzlich behandelt werden. Über alle Arztgruppen hinweg konnte eine Steigerungsrate von fünf Prozent erreicht werden. Das bedeutet, dass die bestehenden Ärzte mehr Patienten behandelt haben, da sie für die Zusatzversorgung keine Abschläge mehr erhielten. Bei den Hausärzten waren es sogar 11 Prozent und bei den Kardiologen 15 Prozent.
Gegen den Widerstand der CDU/CSU-Fraktion hat die Ampelkoalition diese Regelung im vergangenen Jahr gestrichen, sehr zum Unmut der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Berlin. Viele Mediziner aus dem Bezirk haben sich diesbezüglich sorgenvoll an mich gewandt, ich habe dazu im Rahmen einer Online-Veranstaltung (hier nachzusehen) und auf meiner Website informiert.
Mein Kollegin Katharina Günther-Wünsch MdA hat nun beim Berliner Senat nachgefragt, welche Konsequenzen der Wegfall der Neupatientenregelung für die niedergelassenen Ärzte und die Patienten in Berlin bedeutet. Die Landesregierung hat zur Beantwortung die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin eingebunden – die Antworten zeichnen ein düsteres Bild:
Demnach müssen die Berliner Arztpraxen mit insgesamt rund 48 Millionen Euro weniger Honorar im Jahr auskommen, das sie zuvor als so genannte „extrabudgetäre Leistungen“ für die Annahme von neuen Patienten erhalten haben. Da Neupatienten aber fortan nun über die praxiseigenen (gedeckelten!) Budgets der Praxen abgerechnet werden müssen, wird nur eine begrenzte Anzahl an Patienten zu 100 Prozent vergütet werden.
Somit würden alle Fälle, die darüber hinaus gehen, nur mit einem Satz von 15 bis 20 Prozent vergütet. Das heißt, hat eine Praxis üblicherweise 800 Patienten im Quartal, bekommt sie für diese den vollen Leistungssatz. Für die darüberhinausgehende Anzahl sinkt die Vergütung schrittweise bis auf 15 bis 20 Prozent.
Nach Auffassung der KV Berlin würde diese Entwicklung zu deutlichen Leistungsreduzierungen in der ambulanten Versorgung führen. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Stunden für das zusätzliche Praxispersonal lassen sich nicht mehr kostendeckend refinanzieren, geschweige die Vergütung für die Ärzte. Das bedeutet: Weniger Patienten könnten versorgt werden, die Wartezeiten werden sich deutlich verlängern. Zusammengefasst geht die KV Berlin davon aus, „dass Praxen zum Ende eines Quartals keine Patienten mehr aufnehmen bzw. versorgen werden, weil Budget und Leistungsmenge bereits ausgeschöpft sein werden.“
Gerade in Marzahn-Hellersdorf ist die Versorgungslage mit Haus- und Fachärzten angespannt. Das hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Mediziner in den Ruhestand gehen, ohne eine Praxisnachfolge gefunden oder geregelt zu haben – und das alles in einem wachsenden Bezirk. Hier war die Neupatientenregelung ein echtes Erfolgsmodell, hat es doch dazu geführt, dass Wartezeiten effektiv verkürzt werden konnten. Der Wegfall dieses Anreizsystems ist ein erhebliches Problem für unseren Bezirk und ein Armutszeugnis der Ampel-Regierung.
Karl Lauterbach muss als Bundesgesundheitsminister dafür sorgen, dass ein ähnlich wirksames Modell zur Vergütung von Neupatienten auf den Weg gebracht wird. Ich setze mich mit meinen Kollegen im Bundestag dafür massiv ein.
Hier können Sie die schriftliche Anfrage zur Ärzteversorgung und zum GKV-Gesetz herunterladen
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