Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit
Heute begehen wir den 33. Jahrestag der Deutschen Einheit. Es ist ein landesweiter Feiertag mit diversen offiziellen Veranstaltungen. Unbeschwerte und fröhliche Feierlichkeiten werden es aber vermutlich nicht werden.
Eher ein vielstimmiges Nachdenken darüber, warum es nach mehr als drei Jahrzehnten bis jetzt nicht gelungen ist, gleichwertige Lebensverhältnisse in West und Ost zu schaffen. Ein Nachdenken darüber, warum überdurchschnittlich viele Menschen in Ostdeutschland mit den politisch Verantwortlichen in unserem Land hadern und mitunter sogar das Vertrauen in die demokratische Verfasstheit unseres Landes verlieren. Unüberhörbar ist die Kritik an der Energiepolitik der Ampel-Regierung, am fehlenden Konzept zum Umgang mit der sich Tag für Tag verschärfenden Flüchtlingskrise und den aus Sicht vieler Ostdeutscher mangelhaften Bemühungen der Bundesregierung zur Beendigung des Ukrainekrieges.
Auch ich habe den Eindruck, dass der Prozess der Annäherung und des besseren gegenseitigen Verständnisses irgendwo auf der Zeitschiene zwischen gestern und heute ins Stocken geraten ist. Viele Ostdeutsche fühlen sich als Menschen zweiter Klasse. Und viele Westdeutsche können die „Undankbarkeit“ ihrer ostdeutschen Landsleute nicht verstehen.
Dabei war die Wiedervereinigung speziell für Ostdeutschland ein epochales Ereignis. Sie brachte nicht nur politische Einheit, sondern auch die Aussicht auf wirtschaftliche und soziale Veränderungen mit sich. Die Euphorie bei den Menschen zwischen Rügen und Fichtelberg war in den Anfangsmonaten riesig. Davon ist heute nicht mehr so viel zu spüren. Jahr für Jahr stellen wir fest, dass die Lebensleistungen der Menschen in Ostdeutschland nicht ausreichend gewürdigt werden, dass es immer noch keine halbwegs faire Teilhabe in Führungspositionen gibt und dass bis heute kein Großkonzern seinen Sitz in ein neues Bundesland verlegt hat. Die Wirtschaft im Osten wird getragen vom kleinen Mittelstand. So lässt sich die wirtschaftliche Kluft zwischen alten und neuen Ländern kaum schließen.
Müssen wir uns also damit abfinden, dass wir für immer und ewig ein Land mit zwei Geschwindigkeiten bleiben? Mit Menschen zwischen Ost und West, die dauerhaft unterschiedlich situiert sind und sich in ihren zentralen Sorgen und Befindlichkeiten nicht verstehen? Im Gegenteil, es sollten Schritt für Schritt ernsthafte Bemühungen begonnen werden, die unsichtbare Mauer an Vorurteilen wieder einzureißen und abzubauen. Dazu braucht es noch stärkere Investitionen in die Wirtschaft, Antworten und schnell wirkende Entscheidungen seitens der Politik für die Lösung der aktuell wichtigsten Probleme der Menschen. Und es braucht viel mehr ernsthafte Dialogformate für den Austausch zwischen den Menschen in Ost und West.
Dafür setzen wir Kiezmacher uns täglich ein. Unser Fazit: Auch 12.000 Tage nach der Wiedervereinigung wollen und müssen wir noch viel erreichen.
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