Moderne Mobilität am Stadtrand
1/3 der Bewohner von Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf südlich der B1/5 müssen weite Wege (mehr als 500m) zur nächsten Haltestelle mit einem 10-Minutentakt von Bus oder Bahn zurücklegen. Nicht einmal der Hälfte der Haushalte erreicht eine Haltestelle in 300m. Dies hat der Senat im Rahmen einer aktuellen Anfrage von mir eingestanden. In den Nebenverkehrszeiten (am Tage außerhalb des Berufsverkehrs) und den Schwachverkehrszeiten (Nachtstunden) sieht dies noch düsterer aus. Gerade einmal 11,7% der Mahlsdorfer südlich der B1/5 erreichen eine Haltestelle mit 10-Minutentaktung innerhalb von 500m.
Antwort des Senats zur Anbindung an Bus und Bahn Der Tagesspiegel hat dies hier auch grafisch aufbereitetSobald es bei S- oder U-Bahn Engpässe gibt, werden zuallererst Fahrten an den Stadträndern gestrichen, wie der Verzicht der S5 Einsetzer zu Gunsten des S-Bahnringes Anfang des Jahres zeigte. Artikel Einsetzer S5
Investitionen in das Schienennetz unterbleiben und Projekte wie die Ostbahn (RB 26) oder Taktverdichtungen der RB 25 über Ahrensfelde hinaus werden nicht vorangetrieben. Artikel Ausbau der Ostbahn vorantreiben
Neue Mobilitätsangebote wie der BerlKönig werden zunächst ausschließlich in der Innenstadt eingeführt und Randbereiche bleiben außen vor.
Für uns war dies der Anlass, mit Anbietern ins Gespräch zu kommen, die diese massiven Lücken im Bereich der ÖPNV-Anbindung schließen könnten. Dabei waren Johanna Reinhardt (CleverShuttle) und Fabian Krohn (WeShare – Urban Mobility International GmbH) und David Neubert (ADAC Berlin-Brandenburg).
David Neubert hob zu Beginn der Veranstaltung ebenfalls das Dilemma der Randbezirke hervor: In den Au0ßenbezirken gibt es einen hohen Anteil an Individualverkehr gerade weil es keine leistungsfähigen Alternativen gibt.
Welche Alternativen gibt es unter anderem?
Rufbussystem – Ridepooling
Beim so genannten Ridepooling handelt es sich um einen Sammeldienst mit Fahrern. Fahrgäste werden vor der eigenen Haustür abgeholt und teilen sich die Fahrt mit weiteren Fahrgästen mit ähnlichen Fahrtzielen. Es ist eine Art Fahrgemeinschaft mit eigenem Fahrer.
Warum gibt es derartige Angebote nicht in den Randbezirken?
CleverShuttle ist bereits jetzt der einzige Anbieter, der seine Dienste auch außerhalb des S-Bahnringes bereitstellt. Das Unternehmen würde das Geschäftsgebiet gerne auch noch weiter in die Randbereiche und das Umland ausweiten. Derzeit muss allerdings jedes Fahrzeug nach jeder einzelnen Fahrt an die Betriebsstätte zurückkehren. Erst danach darf eine neue Fahrt angetreten werden. Solange diese Rückkehrpflicht besteht, sind die Fahrtzeiten zu Zielen in den Außenbezirken bzw. aus den Randbereichen in die Innenstadt zu lang.
Bundesverkehrsminister Scheuer hat die Möglichkeit geschaffen, dass Berlin für einen bestimmten Zeitraum Ausnahmegenehmigungen erteilt, um die Potenziale und Wirkungen derartiger Angebote zu testen. Nun muss allerdings die Verkehrsverwaltung auch bereit sein, dies in den Außenbezirken zuzulassen. `
CarSharing
Beim CarSharing werden Mietfahrzeuge zur Verfügung gestellt. Der Kunde kann per Smartphone sehen, wo sich ein Fahrzeug in seiner Umgebung befindet und sich dieses für einen bestimmten Zeitraum mieten.
WeShare ist der jüngste Anbieter von CarSharing in Berlin. Es handelt sich hierbei um eine Tochter von VW. 1.500 rein elektrische Fahrzeuge können über das Smartphone gemietet werden.
Warum gibt es keine CarSharing-Angebote im Bezirk?
Fabian Krohn von UMI verweist darauf, dass ca. 15.000 Fahrzeuge notwendig wären, um in der ganzen Stadt fußläufig erreichbare Fahrzeuge zu positionieren. Für die notwendigen Investitionen müsste man eine gemeinsame Abstimmung mit dem Senat finden, um beispielsweise Wirtschaftlichkeitslücken zu decken oder auch CarSharing beispielsweise beim Parken gegenüber dem Individualverkehr zu privilegieren, um Anreize zu setzen.
Neue Mobilitätskonzepte werden vom Senat nicht bzw. nur unzureichend unterstützt.
Alle Teilnehmer waren sich einig, dass eine Mobilitätswende nur gelingen kann, wenn attraktive Alternativen zum eigenen Auto bereitgestellt werden. Doch gerade am Stadtrand passiert dies nicht. Zugleich lässt der Senat Initiative vermissen, um dies zu ändern: Investitionen erfolgen nicht, P+R-Konzepten wird durch den Senat eine Absage erteilt, Veränderungen von Tarifbereichsgrenzen werden ebenso abgelehnt und neue Mobilitätsanbieter müssen lange Genehmigungsprozesse durchlaufen, um Dienste testen zu können.
Mitschnitt der Veranstaltung (15mb)Unsere Forderungen für Kaulsdorf und Mahlsdorf sind:
- Vorziehen der Verlegung der Haltestelle der Tram am Bahnhof Mahlsdorf unter die Bahnhofsbrücke (als erster Bauabschnitt im Rahmen der Verkehrslösung Mahlsdorf) Zwischenstand Senatsplanungen
- Erhöhung der Stellplatzkapazitäten für Fahrräder am S-Bhf Mahlsdorf und S-Bhf Kaulsdorf durch Fahrradparkhäuser Artikel Fahrradparkhaus S Mahlsdorf
- Zusätzliche Buszubringer und Taktverdichtung am Wochenende
- Ausweitung des Tarifbereiches B auf weitere Bahnhöfe im unmittelbaren Brandenburger Verflechtungsraum Antrag Ausweitung Tarifbereich
- Schaffung zusätzliche P+R-Kapazitäten gemeinsam mit Brandenburg an den Bahnhöfen
- Nutzung der Experimentierklausel des Personenbeförderungsgesetzes für neue, moderne Mobilitätsformen um die Anbdingung auch in den Randbezirken zu verbessern.
- Umsetzen des geplanten Rufbuskonzeptes und Abstimmung mit Brandenburg unmittelbar und nicht erst Ende 2020
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