Ein Blick auf die nächsten 20 Jahre
Heute auf den Tag genau vor 20 Jahren trat zum ersten Mal nach der Wiedervereinigung Deutschlands und Berlin das neu gewählte Gesamtberliner Parlament in der Nikolaikirche zusammen. Aus diesem Anlass findet auch heute eine Parlamentssitzung in der Nikolaikirche statt. Viel hat sich in den letzten 20 Jahren in Berlin verändert. Es lohnt sich, kurz innezuhalten und auch einen Blick nach vorne zu wagen.
Als sich das Gesamtberliner Parlament am 11.1.1991 in der Nikolaikirche konstituierte, hatte Berlin gerade erst seine Einheit wiedererlangt. Die Stadt war noch von der Zeit des kalten Krieges und der Teilung geprägt. Sowohl auf den Straßen als auch in Köpfen der Menschen spielten die Unterschiede zwischen Ost und West eine große Rolle. Heute 20 Jahre später lebt in Berlin die erste Generation, die nach dem Mauerfall geboren wurde und die Teilung in Ost und West nicht mehr persönlich erlebt hat. Diese Generation wird in diesem Jahr auch zum ersten Mal wählen können. In welches Berlin wächst diese Generation hinein? Wohin wird sich Berlin in den nächsten 20 Jahren entwickeln?
Die Phase des Wiederaufbau Berlins ist im Wesentlichen abgeschlossen. Die meisten Straßen und Plätze, die durch Mauer und Stacheldraht zerschnitten waren, erstrahlen in neuem Glanz und ziehen Touristen aus aller Welt an. Mit dem Bau des Humboldtforums auf dem Schlossplatz wird auch die Alte Mitte Berlins wiedererstehen. Wir brauchen eine Diskussion in der Stadtgesellschaft über das Gesicht der neuen guten Stube Berlins. Hier muss auf dem Fundament der Geschichte ein Leuchtturm der Zukunft entstehen. Viele kluge Köpfen haben sich schon ihre Gedanken gemacht. Die Politik muss diese Gedanken aufgreifen und die Diskussion führen.
Über die Architektur hinaus muss Berlin sich eine Vision – ein Leitbild – für die nächsten 20 Jahre geben. Wie soll Berlin 2030 aussehen? Wie sollen die Menschen in Berlin zusammenleben? Wo entstehen die modernen Arbeitsplätze? Wie bewegen sich die Menschen von A nach B? Wo können sie sich erholen? Wie werden sie wohnen? Jetzt werden die Weichen für das neue Berlin 2030 gestellt. Jetzt brauchen wir die Antworten auf diese Fragen.
Ein Blick in die Stadt zeigt, an welchen Orten in den letzten Jahren das neue Berlin schon Realität geworden ist. Am Forschungs- und Wissenschaftsstandort in Adlershof, im Clean-Tech-Park in Marzahn oder auf dem BioCampus in Buch sind bereits moderne Arbeitsplätze entstanden. Mit den Projekten Mediaspree oder dem neuen Großflughafen werden weitere Arbeitsplätze hinzukommen. Wir brauchen mehr junge, kreative Unternehmer, die in Berlin forschen, arbeiten und leben.
Berlin kann die europäische Metropole werden, die die Fragen der Zeit beantwortet. Wie schaffe ich CO2-freie Wohnquartiere? Wie entwickele ich ein emissionsfreies Verkehrssystem? Wie schaffe ich den Übergang von der Wegwerf- zur Kreislaufwirtschaft? Das Potential hat Berlin allemal. Die klugen Köpfen leben in Berlin oder kommen hierher. Was fehlt der politische Rahmen, der das Leitbild vorgibt und die Umsetzung begleitet.
Kommentar (1)
FreddieM
Sie haben recht. Die Stadt bräuchte Führung und ein Leitbild, wohin man will. Einen großen Entwurf. Stattdessen gibt es nur ein “klein-klein” und man malt auf Plänen kleine Häuschen rund um den Hauptbahnhof, ohne zu wissen, wer dort überhaupt einziehen soll. An Stelle eines schlüssigen Konzeptes, wie der künftige Großflughafen zur wirtschaftlichen Lebensader über die A100 und der TVO über unseren Bezirk bis hin zum Hauptbahnhof werden soll, verschiebt der Senat diese wichtigen Fragen und verliert sich in Kleinigkeiten.